Kühlen und Schmieren bei zerspanenden Prozessen – Ein umfassender Ratgeber
Bei zerspanenden Prozessen wie Drehen, Fräsen, Bohren oder Schleifen entsteht eine hohe Reibung zwischen Werkzeug und Werkstück, was Wärme erzeugt und den Werkzeugverschleiß beschleunigt. Um die Effizienz zu steigern, Werkzeugstandzeiten zu verlängern und die Oberflächengüte zu verbessern, ist der Einsatz von Kühl- und Schmierstoffen essenziell. Doch wann sollte man kühlen, wann ist Schmieren sinnvoll und welche Medien stehen zur Verfügung? In diesem Ratgeber erklären wir die wichtigsten Grundlagen und zeigen die Vor- und Nachteile verschiedener Verfahren und Mittel auf.
Kühlen vs. Schmieren – Was ist wann sinnvoll?
Kühlen
Der primäre Zweck des Kühlens ist es, die entstehende Wärme schnell abzuleiten und thermische Spannungen im Werkstück zu minimieren. Dies verhindert Verformungen und Rissbildung und reduziert den Verschleiß des Werkzeugs.
Anwendungssituationen für Kühlen:
- Hochgeschwindigkeitsbearbeitung (z. B. bei CNC-Fräsen): Hohe Schnittgeschwindigkeiten erzeugen viel Wärme.
- Harte Materialien: Beim Zerspanen von schwer zerspanbaren Materialien wie Titan, Edelstahl oder gehärtetem Stahl entsteht große Hitze.
- Eng tolerierte Bauteile: Kühlen verhindert eine Verformung durch Temperaturausdehnung.
- Schleifen: Hier steht das Verhindern von Überhitzung an der Werkstückoberfläche im Vordergrund.
Schmieren
Schmierstoffe reduzieren die Reibung und verbessern die Gleitfähigkeit zwischen Werkzeug und Werkstück. Dadurch werden die Schnittkräfte verringert, was insbesondere bei weichen Werkstoffen oder feinen Bearbeitungen wichtig ist.
Anwendungssituationen für Schmieren:
- Langsame Bearbeitungen: Bei geringeren Schnittgeschwindigkeiten steht die Reibungsreduktion im Vordergrund, da weniger Hitze entsteht.
- Weiche Metalle: Materialien wie Aluminium oder Kupfer neigen zum Kleben am Werkzeug, was durch Schmierstoffe verhindert wird.
- Feinbearbeitung: Beim Gewindeschneiden, Räumen oder Tiefbohren spielt die Reibungsminderung eine große Rolle.
Kombinierter Einsatz: In vielen Fällen ist ein Kompromiss sinnvoll, etwa durch den Einsatz von Kühlschmierstoffen (KSS). Diese kombinieren sowohl Kühl- als auch Schmiereigenschaften.
Kühl- und Schmiermittel – Übersicht und Eigenschaften
1. Kühlen: Typische Kühlmedien
Wasser:
- Vorteile: Hervorragende Wärmeableitung, kostengünstig und umweltfreundlich.
- Nachteile: Korrosionsgefahr bei metallischen Bauteilen, nicht geeignet bei empfindlichen Maschinenkomponenten.
Wasser-Misch-Emulsionen: (z. B. Öl-in-Wasser-Emulsion)
- Vorteile: Gute Kühlung kombiniert mit leichter Schmierwirkung, universell einsetzbar.
- Nachteile: Hoher Wartungsaufwand, Emulsionen müssen regelmäßig ausgetauscht werden.
Kühlschmierstoffe (KSS):
- Diese kombinierten Medien bieten sowohl Kühl- als auch Schmierwirkung und sind besonders vielseitig.
- Vorteile: Reduzierung von Reibung und Temperatur in einem Schritt.
- Nachteile: Kostenintensiv, hohe Anforderungen an die Pflege und Entsorgung.
Luft oder Druckluft:
- Vorteile: Rückstandsfrei, vermeidet den Einsatz von Flüssigkeiten.
- Nachteile: Begrenzte Kühlleistung, nicht für hochpräzise Bearbeitungen geeignet.
2. Schmieren: Typische Schmiermittel
Öle: (Mineralöle, synthetische Öle)
- Vorteile: Sehr gute Schmierwirkung, verlängern die Werkzeugstandzeit, reduzieren Schnittkräfte.
- Nachteile: Rückstände am Werkstück, aufwändige Reinigung, Umweltbelastung bei unsachgemäßer Entsorgung.
Fette:
- Vorteile: Haftet gut an Werkzeugen, ideal für schwer zugängliche Stellen.
- Nachteile: Weniger geeignet für schnelle Bearbeitungsprozesse, geringe Kühlwirkung.
Minimalmengenschmierung (MMS):
- Hier wird nur eine sehr geringe Menge Schmiermittel punktuell eingesetzt.
- Vorteile: Reduzierter Verbrauch, geringe Rückstände, weniger Reinigungsaufwand.
- Nachteile: Begrenzte Einsatzmöglichkeiten, nicht geeignet für Hochgeschwindigkeitsprozesse.
Festschmierstoffe: (z. B. Graphit, PTFE)
- Vorteile: Gute Langzeitwirkung, geeignet für extreme Bedingungen (hohe Temperaturen, Vakuum).
- Nachteile: Eingeschränkte Einsatzmöglichkeiten bei dynamischen Prozessen.
Vor- und Nachteile der Kühlen- und Schmierstrategien
Verfahren | Vorteile | Nachteile |
Kühlen (Wasser, Emulsionen) |
Verhindert Überhitzung, längere Werkzeugstandzeit |
Hoher Pflegeaufwand, Korrosionsrisiko |
Schmieren (Öl, Fette) |
Geringere Reibung, höhere Präzision |
Rückstände am Werkstück, hoher Reinigungsaufwand |
Minimalmengenschmierung (MMS) |
Reduziert Verbrauch, umweltfreundlicher |
Nicht geeignet für extrem hohe Geschwindigkeiten |
Kühlschmierstoffe (KSS) |
Kombination aus Kühlung und Schmierung |
Hohe Kosten, aufwändige Entsorgung |
Die Wahl zwischen Kühlung und Schmierung hängt von mehreren Faktoren ab:
- Material: Bei harten Materialien ist Kühlung entscheidend, bei weichen Metallen eher Schmierung.
- Bearbeitungsprozess: Schnelle Prozesse erfordern Kühlung, langsame Prozesse profitieren von Schmierung.
- Umwelt- und Kostenaspekte: Minimalmengenschmierung und trockene Verfahren werden aus ökologischen Gründen immer beliebter.
In vielen Fällen ist die Kombination von Kühl- und Schmierwirkung die optimale Lösung, um sowohl Werkzeugverschleiß zu minimieren als auch die Oberflächengüte zu maximieren. Eine regelmäßige Wartung und Kontrolle der Kühl- und Schmiermittel ist dabei essenziell, um die Effizienz und Qualität der Prozesse aufrechtzuerhalten.
Tipp: Die richtige Auswahl von Kühl- und Schmiermitteln hängt stark von den spezifischen Anforderungen ab. Ein Beratungsgespräch mit einem Fachmann oder Tests im eigenen Betrieb helfen, das passende Verfahren zu finden und langfristig Kosten zu sparen.